Kostbare Gewürzmetalle für Hightech-Produkte
Erste Schritte
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Strategische Metalle werden in der Industrie meist in kleinen Dosen eingesetzt – wie beim Würzen in der Küche. Die Nachfrage nach den seltenen Gewürzmetallen wächst und lässt die Preise vielfach steigen.
Eine Messerspitze Scandium für leichtere Flugzeugbauteile, eine Prise Indium für die Displays von Flachbildschirmen und Smartphones. In der Metallurgie als Gewürzmetalle bezeichnet, tragen Seltene Erden und Technologiemetalle wesentlich zum Gelingen der Herstellung hochmoderner Elektrotechnik bei. Wie bei den Gewürzen aus der Küche, die einem Gericht einen unverwechselbaren Geschmack verleihen oder sie besser verdaubar machen, sorgen die metallischen Verfeinerungen für besondere Materialeigenschaften bzw. verbessern diese. Vielfach fließen nur sehr geringe Mengen im Bereich von Mikrogramm und Gramm in die Produktion ein. Doch trotz der geringen Dosierung bilden die Metalle einen wesentlichen Bestandteil im Materialmix der Hochtechnologieanwendungen. So lässt ihr Fehlen Hauptmetalle wie Eisen oder Aluminium in Legierungen weniger hart, korrosionsfest, leitfähig oder magnetisch werden.
Das Salz der modernen Industrie
Gemeinhin werden als Gewürzmetalle ausgewählte Technologiemetalle, Seltenen Erden sowie die Edelmetalle verstanden. Sie finden sich in den Rezepturen vieler Schlüsseltechnologien des modernen Lebens: bei der Herstellung von Permanentmagneten für E-Mobilität und Windkrafträder (Neodym und Praseodym), Lasern (Erbium, Gallium), Katalysatoren (Palladium, Platin), Photovoltaik-Elementen (Indium), Computerchips (Gallium) und Turbinentechnik (Hafnium, Rhenium). Wie Salz in der Küche sind die Metalle aus der Industrie nicht mehr wegzudenken. Auch die Entwicklung von Zukunftstechnologie wird entscheidend von ihrer Beimischung abhängen. Brennstoffzellen als Energieträger und Energieumwandler für Wasserstoff sind auf die Zugabe von Palladium und Terbium angewiesen.
Die richtige Dosierung
Analog zur Verwendung der Ingredienzen in der Küche werden Gewürzmetalle der Produktion nur in geringen Mengen beigemischt. Wie niedrig die Dosierung ist, verdeutlichen die folgenden Beispiele:
- Smartphone: In einem 111 Gramm schweren Gerät sind unter anderem 0,017 Gramm Gold und 0,002 Gramm Palladium sowie 0,3 Gramm an Seltenen Erden wie Neodym, Dysprosium und Gadolinium enthalten. Hinzu kommt Indium in ebenfalls homöopathischen Dosen: 0,004 Gramm im Display und 0,0022 Gramm in der Leiterplatte, wie die Deutschen Rohstoffagentur und die Bundesanstalt für Geowissenschaften ermittelten.
- Abgas-Katalysatoren: Bei einem Gesamtgewicht von circa 1 Kilogramm sind jeweils bis zu 7 Gramm Platin und Palladium sowie 1-2 Gramm Rhodium enthalten, berichtet das Waste Advantage Magazin.
- Kampfjet F16: In welchem Umfang Seltene Erden in Rüstungstechnologien gebraucht werden, rechnet das Nachrichtenprotal Rohstoff.net vor. In den circa 12 Tonnen Leergewicht des Militärflugzeugs sind 420 Kilogramm Seltene Erden etwa in Form von Kobalt und Samarium verbaut.
Dabei gilt: Auch wenn man die Metalle nicht in großen Mengen braucht, so kann ihr Fehlen infolge abgerissener Lieferketten oder Export-Stopps die Fertigung von Produkten unterbrechen. Der wirtschaftliche Schaden dürfte in diesen Fällen den Materialwert der importierten Metalle bei weitem übertreffen.
Gewürzmetalle müssen aufwendig gewonnen werden
Die Versorgungslage bei den Hightech-Gewürzen ist komplex. Zum einen müssen sie meist einen langen Weg vom Abbaugebiet bis zum Ort der Verarbeitung zurücklegen. Die wichtigsten Lagerstätten für Seltene Erden liegen etwa in China, von wo sie wie früher im Gewürzhandel per Schiff nach Europa gebracht werden.
Die Rohstoffe sind zudem vielfach knapp und werden nur als Nebenprodukte von Hauptmetallen gewonnen. Letzteres macht ihre Gewinnung sehr aufwendig, die Fördermengen sind nicht beliebig skalierbar. Das beeinflusst den Preis. Dadurch gewinnt auch die Wiederverwertung der Metalle aus den Endprodukten an Dringlichkeit. Weil die Rohstoffmengen nur sehr gering sind und die Materialien oft im Verbund mit anderen Stoffen verbaut werden, z. B. als Legierungen, sind rentable Recyclingmodelle jedoch nur schwer umzusetzen. Außerdem können sie allein nicht den Bedarf decken, der mit jedem Jahr steigt. So wird die europäische Wirtschaft im Vergleich zum heutigen Verbrauch bis 2050 zwischen sieben bis 26 Mal mehr Seltenerdmetalle benötigen. Zu dem Schluss kommt eine Studie der Katholischen Universität Leuven (Belgien).
Knappe und teure Rohstoffe
Die Metalle, deren Gewicht in vielen Alltagsprodukten nur wenige Milligramm beträgt, müssen tonnenweise abgebaut werden. Beispiel Indium: Die milliardenfache Produktion von Smartphones sowie die Weiterentwicklung der Photovoltaik haben den Jahresbedarf von 50 Tonnen in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts auf inzwischen 1.000 Tonnen steigen lassen. Die weltweiten Reserven von maximal 15.000 Tonnen verteilen sich auf einige wenige Länder wie China, Kanada und Peru, in denen es beim Abbau von Zinkerzen gewonnen wird. Das hat seinen Preis. So ist der Kilopreis für Indium in den vergangenen fünf Jahren um fast 80 Prozent gestiegen. Bei Terbium betrug der Zuwachs über 500 Prozent. Mittelfristig spricht daher vieles dafür, dass die Preise für die überaus kostbaren Gewürzmetalle weiter steigen könnten.